Arbeitsrecht
„Fall Emmely“ - Fristlose Kündigung - unrechtmäßiges Einlösen aufgefundener Leergutbons
Ein
vorsätzlicher
Verstoß des
Arbeitnehmers
gegen seine
Vertragspflichten
kann eine
fristlose
Kündigung auch
dann
rechtfertigen,
wenn der damit
einhergehende
wirtschaftliche
Schaden gering
ist. Umgekehrt
ist nicht jede
unmittelbar
gegen die
Vermögensinteressen
des Arbeitgebers
gerichtete
Vertragspflichtverletzung
ohne Weiteres
ein
Kündigungsgrund.
Maßgeblich ist
§ 626 Abs. 1
BGB. Danach kann
eine fristlose
Kündigung nur
aus „wichtigem
Grund“ erfolgen.
Das Gesetz kennt
in diesem
Zusammenhang
keine „absoluten
Kündigungsgründe“.
Ob ein
„wichtiger
Grund“ vorliegt,
muss vielmehr
nach dem Gesetz
„unter
Berücksichtigung
aller Umstände
des Einzelfalls
und unter
Abwägung der
Interessen
beider
Vertragsteile“
beurteilt
werden. Dabei
sind alle für
das jeweilige
Vertragsverhältnis
in Betracht
kommenden
Gesichtspunkte
zu bewerten.
Dazu gehören das
gegebene Maß der
Beschädigung des
Vertrauens, das
Interesse an der
korrekten
Handhabung der
Geschäftsanweisungen,
das vom
Arbeitnehmer in
der Zeit seiner
unbeanstandeten
Beschäftigung
erworbene
„Vertrauenskapital“
ebenso wie die
wirtschaftlichen
Folgen des
Vertragsverstoßes;
eine
abschließende
Aufzählung ist
nicht möglich.
Insgesamt muss
sich die
sofortige
Auflösung des
Arbeitsverhältnisses
als angemessene
Reaktion auf die
eingetretene
Vertragsstörung
erweisen. Unter
Umständen kann
eine Abmahnung
als milderes
Mittel zur
Wiederherstellung
des für die
Fortsetzung des
Vertrags
notwendigen
Vertrauens in
die Redlichkeit
des
Arbeitnehmers
ausreichen.
In Anwendung
dieser
Grundsätze hat
der Zweite Senat
des
Bundesarbeitsgerichts
- anders als die
Vorinstanzen -
der Klage der
Kassiererin
eines
Einzelhandelsgeschäfts
stattgegeben,
die ihr nicht
gehörende
Pfandbons im
Wert von
insgesamt
1,30 Euro zum
eigenen Vorteil
eingelöst hat.
Die Klägerin war
seit April 1977
bei der
Beklagten und
deren
Rechtsvorgängerinnen
als Verkäuferin
mit
Kassentätigkeit
beschäftigt. Am
12. Januar 2008
wurden in ihrer
Filiale zwei
Leergutbons im
Wert von 48 und
82 Cent
aufgefunden. Der
Filialleiter
übergab die Bons
der Klägerin zur
Aufbewahrung im
Kassenbüro,
falls sich ein
Kunde noch
melden sollte.
Sie lagen dort
sichtbar und
offen
zugänglich. Nach
den
Feststellungen
der Vorinstanzen
reichte die
Klägerin die
beiden Bons bei
einem privaten
Einkauf zehn
Tage später bei
der kassierenden
Kollegin ein.
Diese nahm sie
entgegen, obwohl
sie, anders als
es aufgrund
einer Anweisung
erforderlich
gewesen wäre,
vom Filialleiter
nicht
abgezeichnet
worden waren. Im
Prozess hat die
Klägerin
bestritten, die
Bons an sich
genommen zu
haben, und
darauf
verwiesen, sie
habe sich
möglicherweise
durch Teilnahme
an
gewerkschaftlichen
Aktionen Ende
2007 unbeliebt
gemacht. Vor der
Kündigung hatte
sie zur
Erklärung ins
Feld geführt,
die Pfandbons
könnten ihr
durch eine ihrer
Töchter oder
eine Kollegin
ins Portemonnaie
gesteckt worden
sein. Die
Beklagte
kündigte das
Arbeitsverhältnis
ungeachtet des
Widerspruchs des
Betriebsrats
wegen eines
dringenden
Tatverdachts
fristlos,
hilfsweise
fristgemäß.
Die Kündigung
ist unwirksam.
Die mit einer
sogenannten
„Verdachtskündigung“
verbundenen
Fragen stellten
sich dabei in
der
Revisionsinstanz
nicht, weil das
Landesarbeitsgericht
- für den Senat
bindend -
festgestellt
hat, dass die
Klägerin die ihr
vorgeworfenen
Handlungen
tatsächlich
begangen hat.
Der
Vertragsverstoß
ist
schwerwiegend.
Er berührte den
Kernbereich der
Arbeitsaufgaben
einer
Kassiererin und
hat damit trotz
des geringen
Werts der
Pfandbons das
Vertrauensverhältnis
der Parteien
objektiv
erheblich
belastet. Als
Einzelhandelsunternehmen
ist die Beklagte
besonders
anfällig dafür,
in der Summe
hohe Einbußen
durch eine
Vielzahl für
sich genommen
geringfügiger
Schädigungen zu
erleiden.
Dagegen konnte
das
Prozessverhalten
der Klägerin
nicht zu ihren
Lasten gehen. Es
lässt keine
Rückschlüsse auf
eine
vertragsrelevante
Unzuverlässigkeit
zu. Es
erschöpfte sich
in einer
möglicherweise
ungeschickten
und
widersprüchlichen
Verteidigung.
Letztlich
überwiegen
angesichts der
mit einer
Kündigung
verbundenen
schwerwiegenden
Einbußen die zu
Gunsten der
Klägerin in die
Abwägung
einzustellenden
Gesichtspunkte.
Dazu gehört
insbesondere die
über drei
Jahrzehnte ohne
rechtlich
relevante
Störungen
verlaufene
Beschäftigung,
durch die sich
die Klägerin ein
hohes Maß an
Vertrauen
erwarb. Dieses
Vertrauen konnte
durch den in
vieler Hinsicht
atypischen und
einmaligen
Kündigungssachverhalt
nicht
vollständig
zerstört werden.
Im Rahmen der
Abwägung war
auch auf die
vergleichsweise
geringfügige
wirtschaftliche
Schädigung der
Beklagten
Bedacht zu
nehmen, so dass
eine Abmahnung
als milderes
Mittel gegenüber
einer Kündigung
angemessen und
ausreichend
gewesen wäre, um
einen künftig
wieder
störungsfreien
Verlauf des
Arbeitsverhältnisses
zu bewirken.
BAG, Urteil vom 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 -
Keine Altersdiskriminierung durch auf jüngere Arbeitnehmer beschränktes Angebot von Aufhebungsverträgen
Nimmt der Arbeitgeber die bei ihm beschäftigten über 55jährigen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis aus, dem er im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Abfindungen anbietet, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters. Es fehlt bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Den älteren Arbeitnehmern bleibt ihr Arbeitsplatz erhalten. Sie werden deshalb nicht weniger günstig als die jüngeren Arbeitnehmer behandelt, die ihren Arbeitsplatz - wenn auch unter Zahlung einer Abfindung - verlieren.
Das neu geschaffene Diskriminierungsverbot wegen des Alters verfolgt wesentlich den Zweck, älteren Arbeitnehmern den Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Es zwingt deshalb Arbeitgeber im Rahmen eines von ihnen geplanten Personalabbaus nicht dazu, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen.
BAG, Urteil vom 25.02.2010 - 6 AZR 911/08
Unzureichende Deutschkenntnisse als Kündigungsgrund
Ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnisse der deutschen Sprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Gesetzes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er - z.B. aus Gründen der Qualitätssicherung - schriftliche Arbeitsanweisungen einführt.
BAG, Urteil vom 28.01.2010 - 2 AZR 764/08
Diskriminierungsverbot: Nichtberücksichtigung von Zeiten der Betriebszugehörigkeit bei der Berechnung der Kündigungsfrist
Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 steht einer nationalen Regelung wie dem § 622 Abs. 2 S. 2 BGB entgegen, demzufolge vor Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden. Es obliegt den nationalen Gerichten, in Arbeitsrechtsstreitigkeiten die Beachtung des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78 sicherzustellen, indem sie erforderlichenfalls entgegenstehende Vorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet lassen.
EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07
Höhe des Urlaubsentgelts
Nach § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Bei der Ermittlung der Höhe des Urlalubsentgelts sind alle im gesetzlichen Referenzzeitraum der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn gezahlten laufenden Vergütungsbestandteile - mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes - zu berücksichtigen (§ 11 BUrlG).
Die Tarifvertragsparteien sind gem. § 13 Abs. 1 BUrlG berechtigt, auch zuungunsten der Arbeitnehmer von § 11 BUrlG abzuweichen. Sie sind damit frei, jede ihnen als angemessen erscheinende Berechnungsmethode zu wählen und zu pauschalieren. Es muss jedoch hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs (§ 3 BUrlG) sichergestellt sein, dass der Arbeitnehmer ein Urlaubsentgelt erhält, wie er es bei WEiterarbeit ohne Urlalubsgewährung voraussichtlich hätte erwarten können.
BAG, Urteil vom 15.12.2009 - AZR 887/08
Bundesverfassungsgericht: Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen bleibt die Regel und muss vom Gesetzgeber geschützt werden
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Grundsatzurteil die Bedeutung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen unterstrichen. Sie bleibt aus verfassungsrechtlichen Gründen die Regel und ist gesetzlich geschützt; Ausnahmeregelungen dürfen den Schutz der Arbeitsruhe an diesen Tagen nicht aushöhlen.
Mit dem Urteil stellte das Gericht fest, dass die Regelung im Land Berlin, nach der an allen vier Adventsonntagen eine unbeschränkte Öffnung der Verkaufsstätten genehmigt wurde, nicht mit der Verfassung vereinbar ist.
In der Begründung stellten die Richter nicht nur auf den Schutz der christlichen Religionsgemeinschaften ab, sondern hoben die soziale Bedeutung der Arbeitsruhe hervor: "Die Gewährleistung der Arbeitsruhe sichert eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeiten des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und ist damit auch Garant für die Wahrnehmung von anderen Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen." Sie unterstrichen, dass der Schutz der Arbeitsruhe "nicht auf einen religiösen oder weltanschaulichen Sinngehalt der Sonn- und Feiertage beschränkt ist. Die Regelung zielt in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung."
Der Einschränkung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertage z.B. durch die Freigabe der Ladenöffnung sind daher nach Auffassung der obersten Bundesrichter enge Grenzen gesetzt: Jede Ausnahme bedarf zum einen eines Sachgrundes. "Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen." Weiterhin muss die Anzahl der Ausnahmen so gering sein, dass sie als Ausnahmen erkennbar bleiben und nicht eine weitgehende Gleichstellung der Sonn- und Feiertage mit den Werktagen stattfindet.
BVerfG, Urteil vom 01.12.2009 - 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07
Rückzahlung von Ausbildungskosten
Klauseln, nach denen der Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten verpflichtet ist, unterliegen der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Voraussetzung für eine Rückzahlungsklausel ist danach, dass die Ausbildung von geldwertem Vorteil für den Arbeitnehmer ist und dieser nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden wird. Ist eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel insgesamt; ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht. Ob dies grundsätzlich auch für den Fall gilt, dass die Rückzahlungsvereinbarung erst nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme getroffen wurde, hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts jetzt offen gelassen. Ist der Arbeitgeber zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts während der Schulungsmaßnahme verpflichtet, verweigert er aber die Zahlung trotz eindeutiger Rechtslage und kommt daraufhin eine Vereinbarung zustande, nach der der Arbeitgeber die Teilnahme an der Maßnahme zu vergüten und der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten zu erstatten hat, so ist diese Vereinbarung an den allgmeinen Grundsätzen zu messen.
BAG, Urteil vom 15.09.2009 - 3 AZR 173/08
Abmahnung wegen religiöser Kopfbedeckung in der Schule
Nach dem Schulgesetz
Nordrhein-Westfalen dürfen Lehrer und pädagogische
Mitarbeiter während der Arbeitszeit keine religiösen
Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität
des Landes oder den religiösen Schulfrieden zu
gefährden. Diese Regelung steht im Einklang mit dem
Grundgesetz sowie den nationalen und europäischen
Diskriminierungsverboten. Eine Kopfbedeckung, die Haare,
Haaransatz und Ohren einer Frau vollständig bedeckt,
stellt eine religiöse Bekundung dar, wenn sie erkennbar
als Ersatz für ein islamisches Kopftuch getragen wird.
Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Abmahnung
geltend gemacht, die ihr wegen ihrer Kopfbedeckung vom
beklagten Land erteilt worden ist. Die Klägerin ist
islamischen Glaubens und an einer Gesamtschule als
Sozialpädagogin tätig, in der sie mit Schülern
unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen in
Kontakt kommt. Seit sie einer Aufforderung des beklagten
Landes nachgekommen ist, das von ihr zuvor getragene
islamische Kopftuch abzulegen, trägt die Klägerin eine
Mütze mit Strickbund, die ihr Haar, den Haaransatz und
die Ohren komplett verbirgt.
Ihre Klage blieb - wie in den Vorinstanzen - vor dem
Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war
die Kopfbedeckung als religiöse Bekundung und nicht nur
als ein modisches Accessoire aufzufassen. Sie verstieß
deshalb gegen das gesetzliche Bekundungsverbot.
BAG, Urteil vom 20. 08.2009 - 2 AZR 499/08
Gleichbehandlung von Arbeitnehmern bei freiwilligen Sonderzahlungen
Ist ein Arbeitgeber
weder vertraglich noch aufgrund kollektiver
Regelungen zu Sonderzahlungen verpflichtet,
kann er frei entscheiden, ob und unter
welchen Voraussetzungen er seinen
Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung
gewährt. Allerdings ist er an den
arbeitsrechtlichen Grundsatz der
Gleichbehandlung gebunden. Er darf einzelnen
Arbeitnehmern nur aus sachlichen Kriterien
eine Sonderzahlung vorenthalten. Stellt er
sachfremd Arbeitnehmer schlechter, können
diese verlangen, wie die begünstigten
Arbeitnehmer behandelt zu werden. Dies gilt
auch dann, wenn der Arbeitgeber gegen das
Maßregelungsverbot in § 612a BGB verstößt
und Arbeitnehmer von einer Sonderzahlung
ausnimmt, weil diese in zulässiger Weise
ihre Rechte ausgeübt haben.
Auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005
iHv. 300,00 Euro brutto geklagt hatte ein in
einer Druckerei beschäftigter Facharbeiter.
Die beklagte Arbeitgeberin hatte ihren ca.
360 Arbeitnehmern im Rahmen ihres
Standortsicherungskonzepts eine Änderung der
Arbeitsbedingungen angetragen. Das
Änderungsangebot sah ua. eine unbezahlte
Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40
Stunden und den Entfall von Freischichten
vor. Mit Ausnahme des Klägers und sechs
weiteren Arbeitnehmern nahmen alle
Arbeitnehmer das Änderungsangebot an. In
einem Schreiben vom Dezember 2005 teilte die
beklagte Arbeitgeberin mit, dass alle
Arbeitnehmer, mit denen sie
Änderungsverträge geschlossen habe und die
sich am 31. Dezember 2005 in einem
ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden,
eine einmalige Sonderzahlung iHv. 300,00
Euro brutto erhalten. Der Kläger hat
gemeint, seine Arbeitgeberin habe ihm die
Sonderzahlung nicht vorenthalten dürfen.
Dies verstoße gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz und das
Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Die
Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem
Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts
Erfolg. Dem Kläger steht nach dem
arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz die beanspruchte
Sonderzahlung zu. Zwar durfte die beklagte
Arbeitgeberin bei der Sonderzahlung an sich
die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen
berücksichtigen. Der Zweck der Sonderzahlung
erschöpfte sich jedoch nicht in einer
teilweisen Kompensation der mit den
Änderungsverträgen für die Arbeitnehmer
verbundenen Nachteile. Aus der Ausnahme von
Arbeitnehmern, die sich am 31. Dezember 2005
in einem gekündigten Arbeitsverhältnis
befanden, wird deutlich, dass die beklagte
Arbeitgeberin mit der Sonderzahlung auch
vergangene und zukünftige Betriebstreue
honorieren wollte.
BAG, Urteil vom 05.08.2009
- 10 AZR 666/08
Arbeitsentgelt: Entzug des Dienstwagens bei Krankheit
Da die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung vom Arbeitgeber nur solange geschuldet wird, wie er überhaupt ein Arbeitsentgelt schuldet, ist er folglich auch berechtigt, dem kranken Arbeitnehmer mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums den Dienstwagen entschädigungslos zu entziehen, ohne dass es hierfür der vorherigen Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes bedarf.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2009 - 15 Sa 25/09
Gleichbehandlung bei Lohnerhöhungen
Aufgrund des
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist der
Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer bei Anwendung
einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Deshalb
darf er auch im Falle einer freiwillig gewährten allgemeinen
Lohnerhöhung Unterschiede nur aus sachlichen Gründen machen.
Der Arbeitgeber muss die Anspruchsvoraussetzungen so
abgrenzen, dass nicht ein Teil der Arbeitnehmer sachwidrig
oder willkürlich von der Vergünstigung ausgeschlossen wird.
Der beklagte Arbeitgeber beschäftigt ca. 300 Arbeitnehmer.
Er erhöhte die Vergütung der Arbeitnehmer ab dem 1. Januar
2007 um 2,5 %. Ausgenommen hiervon wurden nur die
14 Mitarbeiter, darunter der Kläger, die sich 2003/2004
nicht auf eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
eingelassen hatten. Die übrigen Mitarbeiter hatten damals
ua. einer Reduzierung ihres Urlaubsanspruchs von 30 auf
25 Tage und einem Wegfall des zusätzlichen Urlaubsgeldes von
50 % des Urlaubsentgelts zugestimmt. Der Arbeitgeber bot dem
Kläger die 2,5 %ige Lohnerhöhung nunmehr nur unter der
Voraussetzung an, dass dieser die Vertragsverschlechterung
ebenfalls annehme. Das lehnte der Kläger ab.
Die Klage auf Zahlung der Lohnerhöhung war in allen
Instanzen erfolglos. Zwar war der Arbeitgeber bei der
Lohnerhöhung an den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Er handelte aber nicht
sachwidrig oder willkürlich, als er den Einkommensverlust
der Arbeitnehmer von 2003/2004 mit einer Lohnerhöhung
teilweise ausglich. Auf diese Zwecksetzung hatte er
ausdrücklich hingewiesen. Da der Kläger keinen
Einkommensverlust erlitten hat, kann er nicht verlangen, an
dem Ausgleich teilzunehmen.
BAG, Urteil vom 15.07.2009 - 5 AZR 486/08
Aufhebungsvertrag: Drohung mit fristloser Kündigung
Droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit einer fristlosen Kündigung, die ein verständiger Arbeitgeber nicht in Betracht gezogen hätte, um den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu veranlassen, wird die Widerrechtlichkeit der Drohung nicht durch eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eingeräumte Bedenkzeit beseitigt. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ändert eine dem Arbeitnehmer eingeräumte Bedenkzeit auch nichts an der Ursächlichkeit der Drohung für den späteren Abschluss des Aufhebungsvertrags. Für eine von der Drohung nicht mehr maßgeblich beeinflusste Willensbildung spricht jedoch, dass der Anfechtende die Bedenkzeit dazu genutzt hat, die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung durch aktives Verhandeln - z.B. neue eigene Angebote - erheblich zu seinen Gunsten zu beeinflußen, insbesondere wenn er selbst rechtskundig ist oder zuvor Rechtsrat eingeholt hat bzw. aufgrund der Dauer der eingeräumten Bedenkzeit hätte einholen können.
BAG, Urteil vom
28.11.2007 - 6 AZR 1108/06